Auf dem RFID-Chip des neuen Personalausweises wird verpflichtend das biometrische Gesichtsbild des Ausweisinhabers und auf freiwilliger Basis auch zwei Fingerabdrücke gespeichert. Doch die Speicherung biometrischer Merkmale ist umstritten.
Argumente für Biometrie
Die biometrischen Merkmale sollen staatlichen Behörden zur sicheren Feststellung der Identität dienen. Der Missbrauch gestohlener oder verlorener Ausweise soll durch einen Computerabgleich mit den auf dem Ausweis-Chip gespeicherten biometrischen Daten zuverlässig verhindert werden können.
Zugriff auf die biometrischen Daten erhalten nur staatliche Stellen. Dazu gehören insbesondere die Polizei, der Zoll, die Steuerfahndung und die Personalausweisbehörden. Diese Behörden besitzen Lesegeräte mit einem speziellen hoheitlichen Zertifikat. Nur mit diesem Zertifikat gewährt der Ausweis Zugriff auf das Gesichtsfoto und die Fingerabdrücke. Vorher muss außerdem die sogenannte Card Access Number (CAN), die auf den Ausweis aufgedruckt ist, ins Lesegerät eingegeben werden.
Andere staatliche Stellen, wie der Verfassungsschutz, der BND, der Militärische Abschirmdienst, das BKA und der Generalbundesanwalt haben über die von den Meldeämtern geführten Personalausweisregister Zugriff auf die Ausweisdaten inklusive dem Lichtbild. Die Fingerabdrücke werden ins Register derzeit nicht aufgenommen, sie sind gemäß § 26 Abs. 2 PAuswG von den Meldebehörden nach Aushändigung des Ausweises an den Besitzer zu löschen.
Zweifel an der Technik
Im Jahr 2008 zeigte der Chaos Computer Club öffentlich, wie man Fingerabdrücke fremder Personen mit einfachsten Mitteln kopieren kann. Einem Mitglied des Clubs war es gelungen, den Fingerabdruck des damaligen Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble von einem Wasserglas zu nehmen und einzuscannen. Der Fingerabdruck wird seitdem auf der Website des Chaos Computer Clubs zum Download angeboten.
Zusätzlich findet sich auf der Website eine einfache Anleitung, wie man aus dem heruntergeladenen Bild eine Fingerabdruckatrappe herstellen kann, mit der man in der Lage ist, Fingerabdruckscanner zu überlisten.
Mit dieser Aktion verdeutlichten die Hacker ihren Standpunkt, dass Biometrie keineswegs sicher vor Manipulationen ist, sondern mit einfachsten Mitteln überlistet werden kann:
Doch der biometrische Identitätsdiebstahl erfordert lediglich den Zugriff auf einen brauchbaren Abdruck (z. B. an einem Glas), eine Digitalkamera und einen Laserdrucker zum Erstellen einer Folienvorlage und etwas Holzleim für die Fingerabdruck-Attrappen. Eine einfache Anleitung für das Kopieren von Fingerabdrücken hatte der CCC bereits im Jahre 2004 veröffentlicht.
Auch die biometrische Gesichtserkennung ist fehleranfällig. Unterscheiden sich die Lichtverhältnisse am Kontrollpunkt von denen auf dem Ausweisfoto, so ist der Vergleichscomputer oft schon überfordert und liefert falsche Ergebnisse.
Folglich würde Biometrie den Identitätsdiebstahl nicht erschweren, sondern möglicherweise sogar vereinfachen – insbesondere dann, wenn dem Ergebnis, das ein Vergleichscomputer ausgibt, blind vertraut wird.
Die biometrische Vollerfassung
Die Aufnahme von Fingerabdrücken in Ausweisdokumente wird auch aus Gründen des Datenschutzes häufig kritisiert. Die Opposition verglich im Jahr 2008, als die Einführung des neuen Personalausweises beschlossen wurde, die Abgabe von Fingerabdrücken auf der Personalausweisbehörde mit einer erkennungsdienstlichen Behandlung bei Kriminellen. Eine Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken sei eine Misstrauenserklärung des Staates gegenüber seinen Bürgern.
Derzeit dürfen die biometrischen Daten von Behörden nicht langfristig gespeichert werden. Dies ist in § 2 PAuswG geregelt:
(2) Die bei der Personalausweisbehörde gespeicherten Fingerabdrücke sind spätestens nach Aushändigung des Personalausweises an die antragstellende Person zu löschen.
(4) Eine bundesweite Datenbank der biometrischen Merkmale wird nicht errichtet.
Allerdings kann der Bundestag dieses Gesetz jederzeit ändern. Bereits im Jahr 2007 forderte der Bundesrat die Einrichtung einer Datenbank biometrischer Merkmale. Derartige Forderungen werden auch zukünftig immer wieder aufkeimen.
Die Freiwilligkeit bei den Fingerabdrücken
Aktuell ist die Abgabe der Fingerabdrücke noch freiwillig. Sofern Sie einen neuen Personalausweis beantragen, nutzen Sie die Möglichkeit und verweigern Sie die Abgabe Ihrer Fingerabdrücke.
In Deutschland lebende Nicht-EU-Ausländer werden bereits zur Abgabe von Fingerabdrücken für die elektronische Aufenthaltskarte (die dem elektronischen Personalausweis sehr ähnlich ist) gezwungen. Beim elektronischen Reisepass war die Abgabe von Fingerabdrücken anfangs auch freiwillig, mittlerweile ist sie verpflichtend. Es ist daher zu erwarten, dass früher oder später auch bei der Beantragung eines Personalausweises Fingerabdrücke abgegeben werden müssen.
Dazu bedarf es nur einer Änderung des Personalausweisgesetzes.